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Islam als identitärer Ethos

Wenn ich Länder besuche, in denen die Bevölkerung mehrheitlich muslimisch ist, fühle ich mich schon in einem anderen Kulturkreis. Ich bin immer gerne gereist, auch gerne in die islamisch geprägten Länder. Es geht dort für mich emotionaler zu als in meiner Heimat, menschlich näher. Ich empfinde den Islam zutiefst anderes als das Christentum. Der Unterschied kommt für mich am sichtbarsten heraus in den Sakralbauten: Moschee und Kathedrale. Eine Moschee imitiert die Himmelswölbung, eine Kathedrale will den Himmel erst noch erreichen, in dessen Richtung sie ausgreift. Das sind zwei Geisteshaltung, die nicht so leicht gemeinsamen Grund finden. Ich glaube nicht an die innere Überlegenheit einer Kultur gegenüber einer anderen, kann aber auch nicht sehen, wie aus ihrer Vermischung etwas Neues entstünde, außer höherer Reizbarkeit (die Neuköllner sind nach meiner Beobachtung reizbarer als andere Berliner, egal welcher Gruppe sie angehören). Christlich oder islamisch geprägte Menschen halten es da am besten nebeneinander aus, wo Gruppenzugehörigkeit keine besondere Rolle spielt, in einem System, das Über-Wert bereithält, dem sich alle anschließen können. Unser gegenwärtiges System aber, das patriarchalisch-kapitalistische, zerfällt. An seiner Stelle macht sich immer mehr breit der Pluralismus, der vor allem in der "identitären Bewegung" lebt: Man bezieht seinen Wert aus der gesellschaftlichen Minderheit, der man angehört, sei diese nun religiöser, sexueller oder ethnischer Natur. Die Einengung der Loyalität auf kleinere Gruppen bedroht momentan sogar den Zusammenhalt der EU. Selbst die globalen Superreichen, wenn man sie fragt, fühlen sich als Minderheit. Sind sie etwa keine? Solange wir keinen neuen Mythos finden, der die "Identitäten" einbindet, dürften diese in immer kleinere Einheiten zu zerfallen. Bis sie beim einzelnen angekommen sind. Was hat das ganze mit dem Islam zu tun? In seiner heutigen Form ist er Teil, finde ich, des identitären Ethos, also ein Zerfallsprodukt der patriarchalen Ordnung. Etwa nicht?