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Missionare

Meine eigentliche Familie scheint die katholische Kirche. Zufällig war ich in dem Alter, das uns den Stempel aufdrückt, in ihren Fängen. Danach gibt es kein Verändern, kein wirkliches. Ich respektiere und begrüße ähnliche Tendenzen bei allen anderen Religionen, selbst jener des Konsums, wenn nur genügend Innigkeit im Spiel ist. Welche der Skeptizismus nie aufzubringen im Stande scheint; er bleibt - schließlich - "verkopft". Als ich noch mehr durch die Welt reiste, fühlte ich mich stets heimisch in einer der kath. Kirchen, die des doch fast überall gibt, sogar im tiefsten Buddha-Land. Ich erinnere mich bis heute mit viel Rührung an eine Messe, in deren Rahmen ein Willkommenslied für mich, den Besucher aus der Ferne, gesungen wurde. Heute finde ich die Botschaft am herausfordernsten in manchen Filme Südkoreas (etwa des Katholiken Kim Ki-duk). Eine abenteuerliche Geschichte aus dem Umfeld der Missionare erfuhr ich einst auf Sao Tomé, einem Inselstaat im Golf von Guinea. Dort missionierte Bruder Elias, eine zottelige Hippie-Erscheinung, im Auftrag des Vatikans. Singend folgten die Bewohner seinem Kreuz durch stockfleckige Dorfgassen. Das Eiland gehörte praktisch einem südafrikanischen Waffenhändler, Sohn deutscher Missionare, die wie Elias einst in Indien zu schaffen hatten. Der Mann schürfte im Auftrag der angolanischen Rebellen nach Diamanten und hatte die Insel als Fluchtpunkt für seine Unternehmungen ausgebaut. Mit den Gewinnen betrieb er laut Elias eine Hotelanalge in Wyoming. Beschwingt von südafrikanischem Wein im feuchten Tropenklima, schwangen sich die Geschichten in immer unwahrscheinlichere Höhen. Konnte es stimmen, dass lauter katholische Philippinos engagiert worden waren, um die Planierraupen in Schuss zu halten, welche den Diamanten auf der Spur waren? Wenn ich mich umschaute, sah die menschenleere Holz-Bungalow-Hotelanlage unter Palmen, in der wir den Abend ausklingen ließen, tatsächlich aus wie ein philippinisches Dorf. Und später auf dem Mini-Flugplatz traf ich sogar einige ihrer Erbauer. Der Waffenhändler stand, wie's schien, auf guten Fuß mit dem Missionar. Nicht zum Segen seiner finsteren Geschäfte, sondern in Bezug auf seine Rettung, die bei Katholiken immer möglich bleibt. Man macht sich gern drüber lustig, über Menschen, die auf dem Sterbebett sich mit einer Generalbeichte den Weg ins Himmelreich bahnen. Aber die Wahrheit kommt, je länger man ihr aus dem Weg ging, desto schwieriger über die Lippen, egal wie lange man danach noch zu leben hat - wenn man glaubt, dass es sie gibt. Wer es aber nicht glaubt, dem fehlt schließlich die Kraft, einen davon, nämlich von "nichts", zu überzeugen.

Goethe über Theorie im Zusammenhang mit Schaffen

Ich verlor mich daher einmal über das andre, da mir in dieser Zerstreuung keine ästhetischen Arbeiten gelingen wollten, in ästhetische Spekulationen; wie denn alles Theoretisieren auf Mangel oder Stockung von Produktionskraft hindeutet. Früher mit Mercken, nunmehr manchmal mit Gottern, machte ich den Versuch, Maximen auszufinden, wonach man beim Hervorbringen zu Werke gehn könnte. Aber weder mir noch ihnen wollte es gelingen. Merck war Zweifler und Eklektiker, Gotter hielt sich an solche Beispiele, die ihm am meisten zusagten. Die Sulzersche Theorie war angekündigt, mehr für den Liebhaber als für den Künstler. In diesem Gesichtskreise werden vor allem sittliche Wirkungen gefordert, und hier entsteht sogleich ein Zwiespalt zwischen der hervorbringenden und benutzenden Klasse; denn ein gutes Kunstwerk kann und wird zwar moralische Folgen haben, aber moralische Zwecke vom Künstler fordern, heißt ihm sein Handwerk verderben. DICHTUNG UND WAHRHEIT

Gott hat sich nach den bekannten imaginierten sechs Schöpfungstagen keineswegs zur Ruhe begeben

»Wenn man die Leute reden hört,« sagte Goethe, »so sollte man fast glauben, sie seien der Meinung, Gott habe sich seit jener alten Zeit ganz in die Stille zurückgezogen, und der Mensch wäre jetzt ganz auf eigene Füße gestellt und müsse sehen, wie er ohne Gott und sein tägliches unsichtbares Anhauchen zurechtkomme. In religiösen und moralischen Dingen gibt man noch allenfalls eine göttliche Einwirkung zu, allein in Dingen der Wissenschaft und Künste glaubt man, es sei lauter Irdisches und nichts weiter als ein Produkt rein menschlicher Kräfte.
Versuche es aber doch nur einer und bringe mit menschlichem Wollen und menschlichen Kräften etwas hervor, das den Schöpfungen, die den Namen Mozart, Raffael oder Shakespeare tragen, sich an die Seite setzen lasse. Ich weiß recht wohl, daß diese drei Edlen keineswegs die einzigen sind, und daß in allen Gebieten der Kunst eine Unzahl trefflicher Geister gewirkt hat, die vollkommen so Gutes hervorgebracht als jene Genannten. Allein, waren sie so groß als jene, so überragten sie die gewöhnliche Menschennatur in eben dem Verhältnis und waren ebenso gottbegabt als jene.
Und überhaupt, was ist es und was soll es? – Gott hat sich nach den bekannten imaginierten sechs Schöpfungstagen keineswegs zur Ruhe begeben, vielmehr ist er noch fortwährend wirksam wie am ersten. Diese plumpe Welt aus einfachen Elementen zusammenzusetzen und sie jahraus jahrein in den Strahlen der Sonne rollen zu lassen, hätte ihm sicher wenig Spaß gemacht, wenn er nicht den Plan gehabt hätte, sich auf dieser materiellen Unterlage eine Pflanzschule für eine Welt von Geistern zu gründen. So ist er nun fortwährend in höheren Naturen wirksam, um die geringeren heranzuziehen.«
Goethe schwieg. Ich aber bewahrte seine großen und guten Worte in meinem Herzen.

Eckermann: Gespräche mit Goethe

Eckermann "Gespräche mit Goethe"

Aber wissen Sie was? Die Welt soll nicht so rasch zum Ziele, als wir denken und wünschen. Immer sind die retardierenden Dämonen da, die überall dazwischen- und überall entgegentreten, so daß es zwar im ganzen vorwärts geht, aber sehr langsam. Leben Sie nur fort, und Sie werden schon finden, daß ich recht habe.
Die Entwickelung der Menschheit, sagte ich, scheint auf Jahrtausende angelegt.
Wer weiß, erwiderte Goethe, vielleicht auf Millionen! Aber laß die Menschheit dauern so lange sie will, es wird ihr nie an Hindernissen fehlen, die ihr zu schaffen machen, und nie an allerlei Not, damit sie ihre Kräfte entwickele. Klüger und einsichtiger wird sie werden, aber besser, glücklicher und tatkräftiger nicht, oder doch nur auf Epochen. Ich sehe die Zeit kommen, wo Gott keine Freude mehr an ihr hat, und er abermals alles zusammenschlagen muß zu einer verjüngten Schöpfung. Ich bin gewiß, es ist alles danach angelegt, und es steht in der fernen Zukunft schon Zeit und Stunde fest, wann diese Verjüngungsepoche eintritt. Aber bis dahin hat es sicher noch gute Weile, und wir können noch Jahrtausende und aber Jahrtausende auch auf dieser lieben alten Fläche, wie sie ist, allerlei Spaß haben.
Goethe war in besonders guter, erhöhter Stimmung. Er ließ eine Flasche Wein kommen, wovon er sich und mir einschenkte.

Wir haben alle Aids!

Meine erste unmittelbare Begegnung mit Prostituierten hatte ich in Nairobi, Anfang der 90er Jahre. Ich betreute damals die Realisierung eines Spielfilms an der örtlichen Filmhochschule. Untergebracht war ich in dem Hotel Boulevard, das sich an einer vielbefahrenen Straße hinter hohe Hecken druckte. Die offen stehenden Bar- und Restaurant-Bereiche waren staffiert mit Safari-Dekor, Kleinbusse spuckten Touristen aus, die hier zwischenübernachteten zwischen Wild-Park und Flughafen. An der Bar und bestimmten Tischen saßen junge Afrikanerinnen, die es, wie bald zu ersehen, auf allein reisende Männer abgesehen hatten und von dem österreichischen Hotel-Management großzügig mit auf die Zimmer gelassen wurden, oft über die ganze Nacht. Die Mädchen wirkten gut gelaunt, aus ihren Ecken war immer Gelächter zu hören. Ich erinnere mich, wie einmal der Kellner an den Tisch zu mir und zwei englischen Amateurschauspielern kam: Ob wir nicht den Damen weiter hinten im Raum nicht Gesellschaft leisten wollten. Offenbar hatten sie ihn losgeschickt, winkten schon zu uns herüber. Damals war in Europa die Hoch-Zeit der AIDS-Epidemien, und wir hatten tierische Angst, uns damit anzustecken, vor allem in Afrika, wo die Sache noch nicht so ernst genommen wurde. Einer der Engländer, der vorlauter war als sein Kollege, rief - etwas rüde, wie ich fand - zu den jungen Frauen herüber, er hätte keine Lust, sich den Virus einzufangen. Die Mädchen lachten zurück und meinten laut, er bräuchte sich keine Sorgen zu machen, sie hätten alle AIDS. Es sah nicht so aus, als ob irgendeine von ihnen einen Test gemacht hatte. Sie fanden es nur einfach zu lustig, worüber wir verrückten Weißen uns den Kopf zerbrachen.

Wie ich zu meiner privaten Jugendstil-Sauna gekommen bin

Wenn Sauna, Schapps oder Teer nicht helfen, sagen die Finnen, ist die Krankheit tödlich. Da habe ich mir lieber vor 10 Jahren angewöhnt, alle 7 Tage in die Saune zu gehen: drei mal 15 Minuten bei 90 Grad. Danach Untertauchen in Kaltwasserbecken. Was ich lange in meinem Leben glaubte, nicht überleben zu können. Als ich es das erste Mal versuchte (an einem Ort in Hessen, dessen Existenz aus Gründen, die nicht hier her gehören, geheim bleiben muss), war es auch wirklich ein kleiner Tod. Ich habe ich mich bis heute noch nicht daran gewöhnt und betrachte es seit einiger Zeit als Vorbereitung auf den finalen Sprung aus dieser Welt. Der Held des Glasperlenspiels findet auf diese Art ins Jenseits. Die schönste literarische Sauna-Episode aber gibt es in Schwedens letztem großem Roman vor der Krimi-Seuche: Populärmusik aus Vittula (den es sich allein wegen dieser einen Szene zu lesen lohnt). In München gewöhnte ich mich ans Saunieren im Hallenbad von Giesing-Harlaching, das seinen Schwitzbereich aber schloss, als die Erlebnislandschaften in Mode kamen. Die schönste Münchener Sauna liegt seitdem am Zen-Garten des Forstenrieder Bades. Wenn ich aber meine Ruhe haben will, gehe ich ins Volksbad. Nicht einmal Budapest bringt einen solchen Mix aus Römischer Therme, Hamamm, barokem Sakralbau und Moschee zustande, zusammengehalten von Jugendstilelementen. Die Sauna liegt im Bereich des Dampfbades, in dem schon ein italienischer Horrorstreifen und weitere "berühmte Spielfilme" gedreht wurden wegen des Kulissen-Charakters dieses Ensembles. Es gibt sogar Schlafkabinen, und im Sommer kann man ohne Aufpreis den ganzen Tag vor Ort verbringen. In Gesellschaft nur weniger Besucher. An manchen Vormittagen bin ich der einzige und freue mich über jeden Besuch in meiner privaten Sauna.

The Mystical Now . . .


Equating the mystical now with a failure to think ahead or analyze the past is dangerous hogwash. The now of mysticism is not the now of shortsightedness or stupor. The now of mysticism is the now of the aha!, where all things come together in a fully present, wordless, understanding. Like all moments of sudden insight, it is the endpoint of intensive, usually years long, inquiry. Unless you dig deep, into the nature of truth, into how others in the past understood truth, and into one’s own character and motives illumined by the light of past actions, there is no hope that all the pieces will come together in a Great Aha! Compassion, too, is only empty sentiment without intent, and intent is necessarily about the future. Life without planning and without looking back is a blinded and chaotic life, not an insightful and creative one. The ‘big mind’ zen weekends which cost € 1.000 — which type of person would be attracted to that? The type of person who thinks they’re special, can become enlightened faster than everyone else because they’re so smart/spiritual, and have a consumer “buy it” (compared to “build it”) view.

DAS JETZT DER MYSTIKER entspringt nicht dem Versagen des Denkens, der Perspektivlosigkeit oder der Ohnmacht, sondern dem wortlosen Aha beim Auftauchen eines Musters im vorher unverbundenem Sein: dem "anwesenden Verstehen". Wie alle Momente jäher Einsicht ist dies ein Endpunkt inbrünstiger, meist jahrelanger Suche. Wer nicht tief ins Wesen der Wahrheit und ihr Verständnis durch die Generationen tauchte, auch in seine eigene Art und deren Beweggründe im Lichte zurückliegender Taten, darf kaum auf das Zusammenkommen der Bruchstücke seines Lebens zum großen Aha hoffen. Reine Empfindsamkeit ohne Sorge bleibt ein leeres Gefühl, Sorge aber geht immer auf die Zukunft. Ein Leben ohne Voraus- oder Rücksicht, bleibt ein geblendetes, unzusammenhängendes Leben, weder einfühlsam noch schöpferisch. Wen ziehen denn diese 1.000-€-Zen-Wochenend-Klausuren anders an, als solche Personen, die sich für etwas Besonderes halten, mit Zugang zum Hochgeschwindigkeitsfahrstuhl ins Penthouse der Erleuchtung und einer "Kauf es"- anstelle von "Bau es"-Sicht auf alle Dinge?

Werde du selbst!

Dieser Slogan hat mich stets etwas hoffnungslos gemacht. Ich wusste nie, wie ich darauf antworten konnte. Die impraktikable Forderung geht, zumindest in ihrer generellen Verwendung, zurück auf das sokratisch-platonische Verständnis des Lernens als "Wiedererinnerung" (cf. MENON). Beratung, z. B. in der Schule als Unterricht oder im therapeutischen Gespräch, wird infolgedessen verstanden als Hebammenkunst = Hilfe zur Selbstfindung: aus dem Schüler wird herausgelockt, was angeblich bereits tief in ihm liegt. Selbst zu denken heißt, das zu berühren, zu erinnern, was "immer schon in dir" steckt. Wahr ist danach nur, was wir selber machen (können). - Schauen ich mir andererseits meinen Leib an: es gibt nichts an ihm, das nicht vorher durch den Magen gegangen wäre. Meine Besonnenheit sollte dagegen keine Weiterung sein äußerer Einflüsse? Ich finde es viel weniger beunruhigend, mir vorzustellen, dass alles, was sich in meinem Gemüt befindet, durch irgendwelche sinnlichen Kanäle dort hineingelangt ist. Um mein Bewusstsein zu erweitern, müsste ich dann nicht in meinem "innersten Selbst" herumsuchen, sondern einfach nur neue Erfahrungen machen, einen neuen Sport lernen (hab' mich gerade zu einem Rückenschwimm-Kurs angemeldet!), eine weitere Sprache . . . Was gäbe meinem Selbst in dem Fall inneren Zusammenhalt: wenn es durch nichts als Erfahrung sich "aggregiert", die ja prinzipiell niemals aufhört? "Selbst" müsste dann eigentlich in dem liegen, was mich sinnlich anspricht. Viele Filmschauspieler begreifen erst bei der Uraufführung, wenn sie das ganze Werk sehen, was es mit ihrem Charakter oder dargestellten Selbst auf sich hat(te). Vorgezeichnet liegt es, wenn schon, nicht in der Figur, sondern in deren Geschichte. Ich fände es daher viel weniger verwirrend anstelle von Sei du selbst! gesagt zu bekommen: Spiel (d)eine Rolle! Oder besser noch: Lass dich ansprechen!

Denken ist Tanzen . . .




. . . nicht sinnbildlich oder übertragen, sondern: Denken ist ein sinnvoll (strukturiert) verlaufendes Muster in Raum und Zeit. Die Denkbewegungen können überall, unter anderem in unserem Gehirn vor sich gehen. Aber sie können auch vermittels unseres Körpers vor sich gehen. Oder im Raum, in welchem sich dieser befindet. Sie können wahrscheinlich nicht ohne Leib vor sich gehen, oder stünden uns in dem Fall nicht zur Verfügung. Der Leib aber versucht - im Denken - vor allem, sich gegen die Schwerkraft zu behaupten. Insofern könnte man sagen: Denken ist sublimierte Schwerkraft.

Das tödlichste Tier Afrikas

Als ich zum ersten Mal nach Afrika kam, nach Kenia, Anfang der 90er Jahre, sollte ich eigentlich einen Drehbuch-Workshop geben. Bei meiner Ankunft aber standen bereits alle Motive fest, wie sie der Regisseurin am malerischsten vorkamen, auch die Darsteller. Nun musste flugs eine erzählerische Linie erfunden werden, die alles miteinander verband: das Mara Serena Hotel in Nairobi, die Touristen-Camps in den Nationalparks, eine kleine Hütte in den Slums und das Thema der Emanzipation. Ich koppelte die Vorgaben vermittels einer langhaarigen Geschichte über ein gefallenes aber wiederauferstehendes Mädchen vom Land auf drei Seiten step outline und war, ehe ich mich versah, in der Maasai Mara, um den Dreh zu überwachen. Ich war damals so überwältigt und besorgt, dass ich kaum mitbekam, zwischen welch spektakulären Orten wir unentwegt pendelten. Die Maasai Mara ist ein Wildpark: die wilden Tiere leben unbeeinflusst vom Menschen, der in kleinen Touristenbussen dazwischen herum fährt, um sich anzuschauen, was passiert. Ich erinnere mich deutlich, wie "melancholisch" die Tiere in freier Wildbahn mir vorkamen. Ständig sieht man sie beschäftigt mit ihrem Überleben, hastig, panisch die kleinen Pflanzenfresser, hier noch und dort noch etwas abzupfend, bevor sie weiter rennen. Auch das Bestreben, bloß nicht den Kontakt zu den anderen zu verlieren. Ich habe das Bild einer Zebraherde vor Augen, die eine Fluss durchquerte, humpelnd verfolgt von einem der Tiere, das einem Löwen entkommen sein musste, denn ein Gutteil seines Rücken war weggerissen, das Fleisch glänzte noch in der Abendsonne. Es versuchte unentwegt, sich zwischen seine Gefährten zu drängen, die ihm auswichen. Wenn wir nach Sonnenuntergang nicht mehr drehen konnten, beherbergten uns die sog. "Camps", Luxusherbergen in der Wildnis, die regelmäßig überbucht waren. Ich erinnere mich, wie die französischen Touristen dann immer ein Riesenspektakel, sinnlose Sit-ins in der Lobby, machten, während die Deutschen sich in richtiger Einschätzung der Lage ohne zu murren in Dienstbotenquartiere abführen ließen. Die Büffets nach Einbruch der Dunkelheit waren spektakulär, Maasai-"Krieger" tauchten auf, um ihre Speertänze vorzuführen, und die Ranger erzählten wilde Tier-Geschichten: wie man angreifenden Elefanten entkommt - dass die Büffel, wenn sie einen Menschen auf dem Kieker haben, erst alle Bäume umhauen, auf die er sich flüchten könnte, um ihn dann selbst zu erledigen. Der heimtückischste Menschenfeind aber ist das Nilpferd, man kann ihm nicht entkommen. Ich dachte erst, das sei Touristengarn. Aber eines frühen Morgens, als wir raus zu einem Bergmotiv fuhren, die Piste war auf einem Damm, sah ich weiter unten ein Nilpferd neben uns rennen, wenn ich den Tacho unseres Jeeps konsultierte, mit annährend 50 KmH. Dem entkommt kein Mensch. Und dabei sind die Nilpferde Vegetarier.