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THE AMERICANS | Die Formel


Ich schaue mich gerade durch die zweite Staffel. Faszinierender Mix.
Es geht eigentlich um Familie. Und um Sex. Wie kann man die beiden Bedürfnisse - nach Lebensinhalt und Abenteuer - unter einen Hut bringen? Dafür ist dem Macher von The Americans eine beispiellose Formel eingefallen, die es den Protagonisten gestattet, Kinder im Einfamilienhaus sowie eine sexsatte Übermenschen-Existenz zu haben.
Ihre Agenten-Identität befiehlt ihnen wie Prostituierten mit allen möglichen anderen Partnern - ruhig auch mal zu dritt - zu schlafen und macht Eifersucht "unpatriotisch". Sorpanos reloaded, nur dass den Frauen nun auch völlige sexuelle Freiheit zugestanden wird.
Die Konstruktion, die dies alles ermöglicht, ist abenteuerlich-unrealistisch, die erforderlichen Bestandteile passen eigentlich nicht zusammen. Das verleiht dem Fantasie-Produkt eine höchst widersprüchliche Anmut. Es kann einfach nicht stimmen, nicht so - und nimmt einen doch ein wie der suggestive Traum eines gelungenen Comics.
Interessant fand ich dazu die Bemerkung des Produzenten der Serie, welcher, wie er in einem Interview sagte, ihm vorgelegte Projekte eigentlich nur ablehnt, jeden Tag zu 99% Absagen schreibt.
Bei The Americans sei es schwierig gewesen, einen Ablehnungsbrief zu schreiben, weil sich das Projekt nicht habe fassen lassen wegen seiner Ungereimtheit. Wie wenn die logische Gebrochenheit des Vormarsches die gemütliche Abwehr des gesunden Menschenverstandes beim Rezipienten durchbricht zum Zwecke des Aufspannens einer widersprüchlich-faszinierenden Welt, in welcher schrankenlose Freiheit der Unterwerfung entspringt und dem Sich-Fügen.
Der "höchste Grund", das sinngebende Prinzip, das alles absegnet und befördert, ist absurderweise die KPdSU. Sie befindet sich mittlerweile in solcher Ferne zum Wissen des Zuschauers, zumal in the US, dass ihre Hülle alle möglichen Erlösungsfantasien - bis hin zum erfüllen Sexualleben - in sich stapeln kann.
Nicht ausgeschlossen infolgedessen, dass in 50 Jahren "The Islamists" als Serie eine ähnliche Faszination ausstrahlt.

Fichte - Schelling . . . Deleuze?

Die deutsche idealistische Philosophie denkt in gewissem Sinne den Darwinismus voraus - nur dass "Mutationen" nicht dem Zufall, sondern der Willkür oder persönlichen Freiheit entspringen. Man fragt sich, wenn man dazu Schelling liest, was Deleuze eigentlich dazu erfunden hat (Thema für ein Doktorarbeit!). Der angelsächsische Vormarsch untergräbt dann die kreative Rolle des ICH, indem er alles Spontane zur Funktion der Prägung durch Erfahrungen macht. Die (deutsche) Seele wird solcherart zur Skinnerschen Black Box, und verantwortlich sind bald - statt des einzelnen - für alles nur noch "die Verhältnisse". Es bleibt freilich wahr, dass "der Deutsche" nach wie vor am wenigsten neigt, seine persönliche Lage aus Dingen abzuleiten, die er erfährt (mehr im Osten als im Westen). Weswegen es an unseren Universitäten wahrscheinlich weder "trigger warnings" noch "safe spaces" gibt.

Psalm 22

Ich bin ausgeschüttet wie Wasser, alle meine Gebeine haben sich zertrennt; mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzen Wachs.  Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen, und du legst mich in des Todes Staub. Denn die Hunde haben mich umgeben, und der Bösen Rotte hat mich umringt; sie haben meine Hände und Füße durchgraben. Ich kann alle meine Gebeine zählen; aber sie schauen und sehen ihre Lust an mir. Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand. 
 Aber du, HERR, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen! Errette meine Seele vom Schwert, meine einsame von den Hunden!  Hilf mir aus dem Rachen des Löwen und errette mich von den Einhörnern! 

Also sprach Zarathustra

- so liege ich,
 Biege mich, winde mich, gequält
 Von allen ewigen Martern,
 Getroffen Von Dir, grausamster Jäger,
 Du unbekannter - Gott!

Hiob 42.5

Ich hatte von dir mit den Ohren gehört; aber nun hat dich mein Auge gesehen.

Vom Neid

VOM NEID

Zwei menschliche Laster, die mich wenig plagen: Neid und Depression. Ich eigne mich nicht für letztere. Das ist kein Verdienst, sondern Zufall, ein Würfelung der Natur, die in meinem Fall eine Seele ohne viel Traurigkeit zustandegebracht hat.

Meine depressiven Freunde haben es oft weiter im Leben gebracht. Die Depressiven haben in der Regel einen besseren Blick für die Wirklichkeit, ihre Erfordernisse. Vielleicht sind sie deswegen depressiv. Ihnen gegenüber stehen die Hysteriker, unter denen ich mich leichter wiederfinde, mit ihren übertriebenen Geschichten.

Auch der Neid ist mir fremd. Wenn jemand einen Erfolg hat, freut es mich eher. In der Regel stellt er dabei etwas Schönes her auch zu meinem Ergötzen.

Ich glaube nicht, dass die Menschen ihren Erfolg verdienen, sondern in die Wiege gelegt bekamen. Wenn ich die Kinder beobachte - neulich z. B. im Kinderladen meines Neffen in Berlin - sehe sie vor mir mit 60 Jahren. Die Typen sind alle zu erkennen. Einige kommen groß heraus, die meisten leben das übliche Mittel-Leben. Und könnten zufrieden werden, wenn ihnen nicht die Anforderung in den Weg kommt, dass alle Menschen gleich sein müssen, die Hauptquelle des Neides.

Dadurch, dass man heute nur so wenig Kinder bekommt, sinken die Chancen, dass sich eines darunter befindet, das es drauf hat. Und dann wird alle Erziehung der Welt auf ein minderbegabtes Wesen verwandt, um etwas aus ihm zu machen, das in ihm nun mal nicht steckt. Natürlich lässt sich jedes Niveau etwas heben, aber um welchen Preis!

Es wäre wahrscheinlich besser, ein paar Kinder mehr zu haben und somit die Chancen zu erhöhen, dass ein begabtes zur Welt kommt. Um dieses muss man sich dann so wenig kümmern wie um seine minderbegabten Geschwister, außer dass man ihnen Spielraum gibt.

Das war das Schöne an meiner Kindheit: dass sich kein Erwachsener um uns gekümmert hatte. Es gab einfach zu viele Kinder. Auf uns einzelnen lastete nicht derselbe Wert. Man musste lernen, miteinander zurechtzukommen ohne die Vermittlung irgendwelcher Schutzpatrone.

Der hohe Wert, den heute das einzelne Kind zumindest in der Fantasie seiner Eltern hat, kann das Leben der minderbemittelten - also der Mehrheit - ruinieren, indem Dinge von ihnen verlangt werden, die früher außer Frage gestanden hätten. Jedes Kind bekommt dadurch eingebleut, etwas besonderes zu sein. Ohne es in den meisten Fällen einlösen zu können. Auf den naheliegenden Gedanken, vielleicht nichts besonderes zu sein, kommt es nicht mehr. Vielmehr glaubt es später, irgendwie "betrogen" zu werden - um den ihm wie jedem Menschen zukommenden Status und Gewinn.

Hier liegt die Quelle des endemischen Neides: in der gut gemeinten "emanzipatorischen" Erziehung zum Wunderkind im Falle jedes heute Geborenen.

Ich habe gestern eine Untersuchung gelesen: dass es künftig kaum noch bezahltes Beschäftigung geben wird. Ganz wenige teilen sie dann unter sich und erarbeiten den Wohlstand einer sonst rentenverzehrenden Gesellschaft. Diese besteht aus ihren minderbegabten Geschwistern, die alle zur Welt kommen mussten, damit auch jene herausgewürfelt werden konnten, die taugen, um die Mehrheit zu füttern. Und ist es etwa nicht so in fast jeder größeren Familie?

In Platos Staat gibt es dazu jene berühmte Stelle "Die Lüge des Sokrates":

"Ihr seid alle Brüder", soll den Menschen erzählt werden, "den geborenen Herrschern unter euch aber ist wertvolles Gold beigemischt, den Kadern Silber, den übrigen Eisen und Erz. Meist werdet ihr euch ähnliche Kinder erzeugen, manchmal aber auch aus Gold einen silbernen Nachkommen, aus Silber einen eisernen und so fort. Immer sollen deswegen die Herrscher auf ihre Nachkommen achten: falls einer eisenhaltig ward, gehört er unters Volk. Wird aus dessen Mitte aber ein gold- oder silberhaltiger geboren, gehört er unter die Kader oder Herrscher." Denn es sei wissenschaftlich erwiesen, dass ein Gemeinwesen untergehe, wenn sich Eisen und Erz seiner bemächtigen. - Wird irgendjemand diese Lüge glauben?

Politisch korrekt

POLITISCH KORREKT impliziert nach meinem Verständnis so etwas wie "Schutz des Schwächeren": vor Verächtlichmachung.

Wer ist "schwächer"?

"Ausländer, Schwule, Muslime und Flüchtlinge", schreibt z. B. M. Kiyak diese Woche in der Zeit, für welche es mutig gelte einzutreten.

Mancher möchte "Frauen" hinzuschreiben - oder "Kinder" - "Transgender" tauchen häufig in der Liste auf.

Genauer wäre womöglich die negative Bestimmung: "alle außer weißen Männern" (verdienen Schutz vor der Verächtlichmachung).

Auch weiße Männer scheitern, bilden aber, besonders wenn sie über 185 cm groß sind, die einzige Bevölkerungsgruppe, die dafür auch verantwortlich gemacht werden kann, also keine Mitleid verdient.

Der weiße Mann wäre, so gesehen, auch der einzig legitime Gegenstand für eine Komödie, denn diese kritisiert das Zurückbleiben ihrer "Helden" im Hinblick auf etwas, für dessen Eintreten alleine sie zur Rechenschaft gezogen werden müssen.

Figuren, die für ihr Missgeschick nicht verantwortlich gemacht werden können - denen man nur zurückgehaltenes, ihnen womöglich gestohlenes Geld zu geben bräuchte, damit sie "wie weiße Männer" würden -, dürfen auch nicht Charaktere von Komödien sein. Das wäre politisch unkorrekt.

Diejenigen aber, welche die politische Korrektheit ausrufen und erwirken wollen, können nun nicht selber auch noch schwach, sondern müssen machtvoll sein, um dem Anliegen, welches sie vertreten, nichts abzutragen.

Dadurch aber rücken sie in den Rang jener, über die es legitim wird, zu spotten: die "Allmächtigen". Nicht wenige Aktivisten sind durch ihr Tun wohlhabend geworden die Julius Cäsar, der ebenfalls als Volkstribun begann.

Die gezielte Verletzung der politischen Korrektheit neuerdings richtet sich nach meiner Beobachtung mehr gegen diese Vertreter der Schwachen als gegen diese selbst.