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PLATO RELOADED (DIE HERRSCHAFT DER 10%)



Ich lese gerade nochmal durch Gombrichs Kleine Weltgeschichte, die er in den 30er Jahren im Alter von 26 Jahren innerhalb von 6 Wochen für Kinder schrieb. Ein fabelhaftes Buch, das, weil es sich an die Hauptlinien hält, bestimmte Dinge hervortreten lässt, die mir bisher entgingen.

Vor allem, wie hervorragende Herrscher (Karl der Große, Friedrich II., Marc Aurel usf.) sehr oft Nachkommen hatten, die ihr Lebenswerk - mangels Talent - zerstörten. In Frankreich hatte das u. a. zum 100jährigen Krieg geführt.

Das Modell des erblichen Königtums hat sich nicht bewährt. Überholt wurde es schließlich durch die christliche Vorstellung der Gleichheit aller Menschen mit ihrem anti-hierarchischen Impuls.

Aber auch dieses Modell ist nicht fehlerfrei, da einige Menschen sich nun mal besser dazu eignen, Kontrolle auszuüben, als andere. Es gibt mit anderen Worten eine Hierarchie der Fähigkeiten, die sich nicht vererben.

Wo kommen sie her, die besonderen Fähigkeiten, wenn sie sich nicht den Eltern verdanken? Aber sie verdanken sich ja dem Tun der Eltern, nur spiegeln sie nicht deren Fähigkeiten, sondern sind eine Art Spielgewinn, mit dem der Einsatz der Eltern - manchmal - belohnt wird.

So: 10 Eltern-Paare zeugen 10 Kinder, eines davon hat außergewöhnliche Fähigkeiten, eignet sich daher für besondere Aufgaben, die alle anderen überfordern würden. Kant, Fichte, Keppler, Hegel, Gauß - alles Kinder der Unterschicht. Newtons Vater war Bauer, da Vincis Mutter eine Magd usf.

Jetzt zur Zukunft, deren Dynamiken gerade Gestalt annehmen und uns beunruhigen. Es ist abzusehen, dass es Arbeit, dann hochqualifizierte Arbeit, sehr bald nur noch für 10% der Bevölkerung geben wird. Den Rest erledigen Maschinen.

Und was machen die restlichen 90% der Bevölkerung?

Sie erzeugen die 10%. Das ist ihre einzige wichtige Aufgabe. Ansonsten werden sie ihre Leben lang in einer Art Freizeit-Trance, durchmischt von Diät-Routinen gehalten. Nicht unähnlichen den Harems-Damen eines orientalischen Herrschers.

Es ist nicht mehr nötig, diese Massen besonders auszubilden. Es reicht, wenn sie sprechen, etwas lesen, rechnen und die Geräte bedienen können, welche ihr Leben bewältigen.

Jedes geborene Kind gehört zunächst dem Staat. Mit 4 Jahren wird es einem Test unterzogen, der erweist, ob es zu "den 10%" gehört. In diesem Fall erwartet es eine hochqualifizierte Ausbildung.

Und was wird mit den Kinder der "10%"?

Sie gehören ebenfalls dem Staat, genießen keinerlei Vorrechte o. ä. Der Test entscheidet, ob sie in die Fußstapfen ihrer Eltern treten - oder zurück in den "Gen-Pool" kehren, um ev. nach mehreren Generationen durch irgendeinen Nachkommen für die "10%" zu qualifizieren.

Aber wird das nicht eine grausame Diktatur arroganter Eliten? Keineswegs, denn die besonderen Bildungsmöglichkeiten stehen jedem offen, der sie nutzen, sich zu den "10%" qualifizeren möchte. So wie ja auch heute jeder das Arte-Programm sehen kann im TV, nicht nur jene, die es dann wirklich tun.

Nur ist der Zugang in der Arbeitsbereich der "10%" an eine Art "Staatsexamen" gebunden. Wer dieses schafft, auch ohne mit 4 Jahren dafür empfohlen worden zu sein, qualifiziert.

Meine Philosophie


In den letzten Wochen unserer beweglich gewordenen Zeiten ist mir einerseits unterstellt worden, ein unverbesserlicher "Sozialist", andererseits "Trump-Unterstützer" zu sein.

Ich habe mich auf Facebook mit allen möglichen Richtungen angefreundet, nachdem ich las, sonst Gefahr zu laufen, in meiner "Blase" zu erblinden. Nun fühle ich mich wieder wie in meiner Jugend auf dem Internat, wo ich von heute auf morgen mit den widersprüchlichsten Typen zusammengesperrt worden war: Leute, die ich niemals freiwillig besser kennengelernt hätte. Zum Verzweifeln. Aber man lernt auch, sich zurecht zu boxen.

Am meisten sagt mir, was Gerechtigkeit betrifft, inzwischen die sog. "Lüge des Sokrates" zu aus Platos STAAT: "'Ihr seid alle Brüder', soll den Menschen erzählt werden, 'den geborenen Herrschern unter euch aber ist wertvolles Gold beigemischt, den Kadern Silber, den übrigen Eisen und Erz. Meist werdet ihr euch ähnliche Kinder erzeugen, manchmal aber auch aus Gold einen silbernen Nachkommen, aus Silber einen eisernen und so fort. Immer sollen deswegen die Herrscher auf ihre Nachkommen achten: falls einer eisenhaltig ward, gehört er unters Volk. Wird aus dessen Mitte aber ein gold- oder silberhaltiger geboren, gehört er unter die Kader oder Herrscher.' Denn es sei wissenschaftlich erwiesen, dass ein Gemeinwesen untergehe, wenn sich Eisen und Erz seiner bemächtigen. - Wird irgendjemand diese Lüge glauben?"

Diese Auffassung des Sokrates, Menschen würden sich für bestimmte Aufgaben besser eignen als für andere und ihr dabei wirksames Talent nicht notwendigerweise vererben, reimt sich mit meiner Lebenserfahrung.

Ich bin demzufolge für eine Erbschaftssteuer, weil sie persönliche Begabungen fördert. (So sieht es übrigens auch, las ich neulich, Warren Buffet, einer der reichsten Männer der Welt.)

Ferner überzeugt mich das Verfangen der Pareto-Verteilung (beschrieben als "Matthäus-Effekt" in beigefügtem Wikipedia-Hinweis), deren negative Auswirkungen auf den einzelnen, wenn man gerecht sein will, eines Ausgleichs bedarf.

Ich glaube daher sowohl an eine natürliche Gliederung unter Menschen sowie die Notwendigkeit des Staates, um deren Bestehen und die Chancen des einzelnen in ihr zu fördern.

Ein anderer Impuls, der mein Denken beschäftigt, ist die Globalisierung und infolge Vereinheitlichung der Welt. Welche ich als Weiterung von Elektrizität und der durch sie begünstigten "Herrschaft der Mathematiker" betrachte. Ich glaube nicht, dass die dagegen zu beobachtenden "identitären" Bewegungen egal welcher Ausrichtung eine Chance haben, mehr als "folkloristische" Tupfer zu setzen.

Schließlich beschäftigt mich, seit ich Harari las, der Gedanke, dass wir "zurück in die Steinzeit" müssen, um jenes Glück wieder zu erleben, von dessen Verlust die Paradies-Geschichte der Genesis, das älteste Narrativ der Welt, erzählt. Wir werden es erst finden, nachdem wir "die Pyramiden abgetragen" haben.

Felix Culpa

"So braucht der Christ Ironie, um den Teufel zu züchtigen", lese ich gerade bei Hamann, ein merkwürdiger deutscher Autor und Freund Immanuel Kants, der sich Sorgen um dessen Seelenheil machte, während dieser Hamann für unbedacht hielt. Hamann fasste Gott als einen Ironiker auf, der sich "sabbernd" seiner Schöpfung nähert, um, so maskiert, diese zu sich empor zu ziehen. Man muss sich Jesus dazu wie Slavoj Žižek oder besser noch Jim Carrey in diesem Video-Clip hier vorstellen. "Denn es steht geschrieben: 'Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.' Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die Weltweisen? Hat nicht Gott die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht? Denn dieweil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch törichte Predigt selig zu machen die, so daran glauben" erläutert Paulus in seinem 1. Korinther-Brief. Es soll m. a. W. das Kaputte sein, durch welches sich das Ganze mitteilt. Der 2. Korinther-Brief ergänzt: "Denn er hat den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt" = gerade, was perfekt ist, musste sich runtermachen, Gott den Foltertod sterben, damit wir "dadurch teilhaftig werde[n] der göttlichen Natur", wie es schließlich im Petrus-Brief heißt. - "Aber ja!" schreibt später Kafka im SCHLOSS. "Es gibt unendlich viel Hoffnung. Nur nicht für uns." - Angesichts solcher Ironie scheint mir der ISLAM, was er ohnehin gerne für sich in Anspruch nimmt, eine gescheite Religion und Mutter der Wissenschaften. Auch die Philosophen der Aufklärung, selbst Hegel und Goethe schätzten den Islam als die vernünftigere Religion, während Hamann, der Sohn eines Bademeisters, der den Koran auf Arabisch las, gerade das Törichte des Christentums als Bastion gegen die Verzweiflung apostrophierte, welche redliches (begriffliches) Wissen produziert. Originell finde ich dabei Hamanns Betonung, Gott teile sich uns durch die Sinnesorgane, nicht die Vernunft mit, welche aus dem Material ersterer alles Mögliche herstelle, ohne eigene Inhalte zu schöpfen. Gott läge dann im Geschmack von Kaffee, einem Lufthauch auf der Haut oder einem natürlichen Geräusch und wäre freilich "dümmer" als die Menschen. - Hamann war ein Wegbereiter des Sturm und Drang, als dessen Prophet er bezeichnet worden ist, und der Romantik. Er beeinflusste Herder, Jacobi, Goethe, Hegel und Schelling. Søren Kierkegaard studierte Hamanns Schriften intensiv und entwickelte aus Motiven, die er bei Hamann fand, seine eigene Philosophie. Auch Herta Müller scheint stark von Hamann beeinflusst.

Postmoderne

Der Begriff ist widersprüchlich, indem nichts schlechthin "Nachmodernes" gemeint ist, sondern die logische Folge der Moderne, also keine Alternative zu dieser. Während die Moderne unter dem Furnier der Vernunft bereits nihilistisch ist, stellt die Postmoderne diesen Nihilismus (infolge der Aufspaltung zwischen Glauben-Überlieferung und Rationalität) zumindest in der Philosophie lediglich heraus.

Stimmt das so?

Über die Moderne hinausgehend, verneint die Postmoderne globale Geltungsansprüche, indem sie nachweist, wie jede Erklärung sich immer notwendig der lokalen Überlieferung & ihres Vehikels, der Sprache, verdankt, letztlich auf Zutrauen, also Glauben beruht. Sprache, unterstellt die postmoderne Philosophie, entspringt nicht der Vernunft, sondern ist deren Quelle.

Die lokalen Überlieferungen werden "Narrative" genannt, deren Gestalt etwas Zufälliges hat. Narrative sind zugleich die Quelle jeglicher Bedeutung.

Ist die Rationalität ebenfalls ein Narrativ oder eine Weiterung - immer dieselbe - egal welchen Narrativs?

Ist die Rationalität wirklich, wie die Postmoderne meint, etwas Zweitrangiges?

Rationalität ist nicht in der Lage, "sondergleichen" zu wirken = Bedeutungserlebnisse zu vermitteln.

Die Narrative als Quellen der Bedeutung sind unterschiedlich, die Rationalität ist überall dieselbe. Es gibt keine "chinesische" oder "islamische" Naturwissenschaft, die unverträglich wäre z. B. mit einer "abendländischen". Deswegen drängt sich die "moderne" Vorstellung auf, dass die Rationalität allem zugrunde liegt.

Es lässt sich aber nicht zeigen, wie Rationalität außerhalb der Sprache bestünde und wie diese durch etwas anderes als die Überlieferung, also letztlich den Glauben, bedeutend ist.