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Deutsche Filmung jenseits des Krimis

Untersuche ich einmal unserer letzten Filmpreis-Gewinner: deren fiktiven Hauptpersonen sind fast immer Romantiker. 

Bei den Männern spielt infolgedessen die Mutter eine größere Rolle als der Vater (Jakob Simon ANDERE HEIMAT, Alexander Kerner GOOD-BYE LENIN! . . .) 

Hanna Flanders (DIE UNBERÜHRBARE) hält unverdrossen an ihrer verklärenden Sicht der Dinge fest und begeht Selbstmord, als die Realität sie (in Form eines Raucherbeines) einholt. Der Selbstmord wird weniger als zerstörerischer, denn als rebellisch-emanzipatorischer Akt gefeiert. 

Nicht unähnlich wird Alexander Kerners Mutter in GOOD-BYE LENIN! mit allen Mitteln zurückgehalten in einem Wolkenkuckucksheim, um dort selig zu sterben. 

Jakob Simon (ANDERE HEIMAT) wird gerade dadurch zum großen Gelehrten und "Kenner" der Indianersprachen, dass er sein Heimatdorf nie verlässt. Selbst die "Indianersprache", die in dem Film Jakobs Forschungsgegenstand veranschaulicht, wurde vom Drehbuchautor erfunden. (So wie Werner Herzog, der in ANDERE HEIMAT ein Cameo als Alexander von Humboldt hat, bekannterweise Teile seiner Dokumentarfilme künstlich ausstattet | inszeniert). 

Der Lehrer im WEISSEN BAND bricht auf dem Höhepunkt seine Untersuchungen zu den Ursachen der geheimnisvollen Geschehnisse ab. 

Die gefühlsbetonten Helden von ROSSINI sind nicht weniger unpraktisch als "Schneewittchen" VICTORIA und ihre sieben Zwerge. 

Hauptmann Wieseler bricht im LEBEN DER ANDEREN innerlich zusammen, als er ein romantisches Musikstück hört. 

In ROSSINI gibt es jene denkwürdige Szene, in welcher Oskar Reiter zwecks Blutbrüderschaft seinen Unterarm überschwänglich mit dem Messer anschneidet und sich dadurch schwer verletzt . . . 

Als realistischerer Filmpreis-Gewinner fällt mir auf Anhieb nur HALT AUF FREIER STRECKE ein. Dresen ist der einzige Ostdeutsche unter den zitierten Preisträgern. 

Was kann man daraus ableiten? 

Dass unser "art house main stream" westdeutsch dominiert und eskapistischer Natur ist? Wir deswegen kein BORGEN hinbekommen, weil wir ein Seelendrama daraus machen müssten?

Ich lese gerade Littells DIE WOHLGESINNTEN, einen Roman, der in Deutschland katastrophale Kritiken bekam, wobei das Feuilleton die "unstimmige Psychologie" der Hauptfigur als Hauptablehnungsgrund apostrophierte. In einer interessanten Erwiderung wies Theweleit darauf hin, dass Innigkeit | innere Unbeugsamkeit auch eine fixe Idee der Deutschen sein könnte.