Dieses Blog durchsuchen

Wittgensgtein zum menschlichen Innenleben

Am schwierigsten zu verstehen, zugleich aber faszinierendsten sind für mich Ludwig Wittgensteins philosophische Untersuchungen seelischer Vorgänge wie dem Sich-etwas-Vorstellen, Wollen, Meinen, Denken, Verstehen, Träumen, Erinnern oder "Zahnschmerz", den er oft als Beispiel für alle hernimmt. Die Pointe Wittgensteins rein sprachlicher Untersuchungen: dass es keine innere Welt gibt, dafür aber eine Innigkeit, welche sich nicht im Privaten, sondern öffentlich abspielt. Wir haben unsere Seele gewissermaßen durch andere, ohne die, wie uns zumute ist, was wir denken, träumen usf. keinen Inhalt besässe. Wittgenstein weist dies auf, indem er untersucht, wie wir Worte für Seelisches verwenden: nämlich nicht, um etwas zu beschreiben, sondern es auszudrücken. Den Unterschied - zwischen Beschreiben und Ausdrücken - veranschaulicht z. B. ein Landschaftsbild, dessen Bedeutung nicht darin besteht, eine bestimmte Landschaft, die es wirklich gibt, originalgetreu wiederzugeben, sondern eine landschaftliche Stimmung vorzustellen, die durch jeden der verwendeten Pinselstriche zustande kommt und nicht davon abhängt, dass es diese Landschaft auch wirklich gibt. Es kann sie geben, aber für das, worauf es ankommt, ist dies nicht von Belang. Ähnlich erscheinen uns seelische Vorgänge: als Muster in einem zwischenmenschlichen Gewebe, das nicht erst durch etwas bedeutend wird, für das es steht, sondern die Sache selbst ist. Wittgenstein dazu in den Philosophischen Untersuchungen 297: ". . . wenn das Wasser im Topf kocht, so steigt der Dampf aus dem Topf und auch das Bild des Dampfes aus dem Bild des Topfes. Aber wie, wenn man sagen wollte, im Bild des Topfes müsse auch etwas kochen?" Das "Kochen" würde das Bild des Topfes, wenn es in ihm geschähe, so wenig sinnvoller machen wie ein weißhäutiger Darsteller, der sich als Othello schminkt, dadurch authentischer würde, dass er seinen Köper auch unter der Kleidung schwarz macht. Unser Innenleben besteht m. a. W. in Äusserungen, die für nichts einstehen, sondern Seele bilden, sie lebt in unseren Worten und Gesten - steht uns ins Gesicht geschrieben. Aber kann man einen anderen Menschen wirklich nur an seinem Gesicht erkennen? Wittgenstein fragt zurück: Kann man sich denn selbst an seinem Gesicht erkennen? Ist es möglich zu wissen, was man in 5 Minuten denken wird? Die psychologischen Begriffe und unserer Gemüt, welches in ihnen verfasst ist, sind nicht ungenau, sondern unscharf, andernfalls hätten sie keine Seele. P. S. Wie ist es mit "denken", "meinen", "wollen", "träumen" - stehen auch sie für nichts ein, sondern bilden die Sache selbst? Sätze, die mit "Ich"+mentalem Prädikat eingeleitet werden, können keinen Irrtum enthalten: "Ich denke, der Rhein fließt nach Süden" ist immer richtig, insofern der Inhalt eines Gedankens über die Wirklichkeit, nicht diese selbst beschrieben wird. So auch bein "meinen", "wollen", "träumen" (es ist nicht möglich, einen "falschen Traum" zu erzählen . . .)