Meine erste unmittelbare Begegnung mit Prostituierten hatte ich in Nairobi, Anfang der 90er Jahre. Ich betreute
damals die Realisierung eines Spielfilms an der örtlichen Filmhochschule.
Untergebracht war ich in dem Hotel Boulevard, das sich an einer vielbefahrenen
Straße hinter hohe Hecken druckte. Die offen stehenden Bar- und Restaurant-Bereiche
waren staffiert mit Safari-Dekor, Kleinbusse spuckten Touristen aus, die hier zwischenübernachteten zwischen Wild-Park und Flughafen. An der Bar und bestimmten
Tischen saßen junge Afrikanerinnen, die es, wie bald zu ersehen, auf allein
reisende Männer abgesehen hatten und von dem österreichischen Hotel-Management großzügig
mit auf die Zimmer gelassen wurden, oft über die ganze Nacht. Die Mädchen
wirkten gut gelaunt, aus ihren Ecken war immer Gelächter zu hören. Ich erinnere
mich, wie einmal der Kellner an den Tisch zu mir und zwei englischen Amateurschauspielern
kam: Ob wir nicht den Damen weiter hinten im Raum nicht Gesellschaft leisten
wollten. Offenbar hatten sie ihn losgeschickt, winkten schon zu uns herüber.
Damals war in Europa die Hoch-Zeit der AIDS-Epidemien, und wir hatten tierische
Angst, uns damit anzustecken, vor allem in Afrika, wo die Sache noch nicht so
ernst genommen wurde. Einer der Engländer, der vorlauter war als sein Kollege,
rief - etwas rüde, wie ich fand - zu den jungen Frauen herüber, er hätte keine
Lust, sich den Virus einzufangen. Die Mädchen lachten zurück und meinten laut,
er bräuchte sich keine Sorgen zu machen, sie hätten alle AIDS. Es sah nicht so
aus, als ob irgendeine von ihnen einen Test gemacht hatte. Sie fanden es nur
einfach zu lustig, worüber wir verrückten Weißen uns den Kopf zerbrachen.